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Weihnachtsgeschichte 2018: Das unheilvolle Fest der Liebe

Inhalt

Dem Trubel entgehen

Mutter Christa hatte genug von den anstrengenden Weihnachtstagen. In den letzten Jahren hatte sie und ihre Familie immer irgendetwas Aufregendes erleben müssen.
Davon hatte sie nun zu viel. "Dieses Jahr will ich ein ganz normales Weihnachtsfest erleben.", sagte sie zu ihrem Mann Arno. "Das klingt gut", erwiderte er, "aber wie sollen wir das schaffen?" Zu gut erinnerte er sich an all die Unglücke, Missgeschicke
und Probleme, die es in den vergangenen Jahren bei der Familie Staude gegeben
hatte. Zu der Familie gehörten die Töchter Sabine und Anna, die Söhne Malte und
Alex, zudem die Hausgans Staude, der Hund Stromer und, wie Arno immer wieder
betonte, zu Weihnachten Oma und Opa. Obwohl, mit Opa kam er bestens zu Recht,
aber mir seiner Schwiegermutter kam er auf keinen gemeinsamen Nenner. Seit ein
paar Jahren veranstaltete die Familie in ihren großen Garten einen lebhaften
Weihnachtsmarkt. Dabei zeigte sie ihre mehr als sehenswerte Weihnachtsdekoration
und verdienten sich an der Glühweinbude eine goldene Nase, obwohl sie darauf
nicht angewiesen waren. "Lass uns in diesem Jahr gar nichts machen.", sagte
Christa. "Wir laden einfach nur für die Festtage die Kinder und Oma und Opa ein,
und das wars." Arno fand die Idee gut, ahnte jedoch, dass es so einfach nicht werden
würde.

Die Traditionen

Auf ein paar wenige Traditionen wollte Christa jedoch nicht verzichten. Sie bestand
darauf, dass es am Heiligen Abend Spaghetti mit Soße zu essen gab und auch der
Weihnachtsbaum sollte stattlich sein und zum Herzeigen taugen. So kaufte sie
bereits im März des Jahres das Festmahl ein. Wie immer kaufte sie einige
Notreserven und deponierte diese an verschiedenen Orten. Auch musste Arno
bereits im April mit Sohn Malte, ein ewiger Student, der noch zu Hause lebte, in einer
Weihnachtsbaumschonung einen besonders schönen Baum aussuchen. Dieser
wurde mit einem Namensschild markiert und Arno musste jedes Wochenende
nachschauen, ob er auch noch da war. Darauf bestand Christa. Im Sommer teilten
Christa und Arno der Familie dann aber mit, dass das diesjährige Weihnachtsfest
anders geplant war. Tochter Anna, eine bildhübsche Stewardess nahm es relativ
gleichgültig auf. "Ok.", flötete sie, „ich weiß es nicht, ob ich da bin." Sie reiste viel in der Welt umher und wusste ihre optischen Reize gut einzusetzen. Sie hoffte darauf,
dass der smarte neue Chefpilot der Fluggesellschaft sie über die Weihnachtstage
nach Aspen zum Skifahren einladen würde. Sohn Alexander, ein sehr fleißiger
Student, nahm es so hin, wie es war. Nur Tochter Sabine, die mit ihrem Freund Chris
ein Leben auf Kosten von anderen führte, war entsetzt. "Das könnt ihr doch nicht
machen!", rief sie aus. Christa hatte ihr eine gut gehende Bäckerei eingerichtet.
Einen erheblichen Teil des Umsatzes machte diese jedoch auf dem familieneigenen
Weihnachtsmarkt, zumal dann andere für die beiden arbeiteten. Doch auch davon
ließen sich Christa und Arno nicht beirren.

Wohin mit den Weihnachtssachen?

Arno hatte die wohl weltweit größte private Sammlung an Weihnachtsdekorationen.
Da gab es illuminierte Figuren, Lichterketten, ja sogar die gesamte Werkstatt des
Weihnachtsmannes war nachgebildet und beleuchtet worden. Der Stromverbrauch
war so gigantisch, dass die Familie Staude eine eigene Stromversorgung hatten.
Eigentlich wollte Arno in diese. Jahr alles auf LED Technik umrüsten, doch das war nun nicht mehr notwendig. Im Spätsommer versuchte Arno sein Equipment zu
verkaufen oder zumindest zu vermieten. Er musste jedoch feststellen, dass er zu
spät dran war. Weder die großen Kaufhäuser in Deutschland und Europa, noch die
großen Malls in den USA hätten Interesse. Sie hatten sich bereits um eine eigne
Dekoration gekümmert. Auch die Städte, die er angesprochen hatte, winkten ab.
Diesen waren die zu erwartenden Stromkosten zu hoch. So bleib ihm nichts anderes
übrig, als die Sachen in der eigens erworbenen Lagerhalle zu lassen.

Familienbande

Im Herbst geschah etwas Ungewöhnliches. Malte, Sabine und Chris luden ihre Eltern
zum Essen ein. Das war eigentlich schon ungewöhnlich genug, denn für solche
Sachen hatten sie eigentlich kein Geld. "Wir möchten den Weihnachtsmarkt gerne
durchführen.", erklärten sie ihren Eltern. Diese waren überrascht. Überrascht
darüber, dass die Drei tatsächlich etwas unternehmen wollten, etwas was mit Arbeit
zu tun hatte. "Seid ihr euch da wirklich sicher?", fragte Mutter Christa. "Ja,
selbstverständlich.", antworteten sie fast gleichzeitig. Christa freute sich über die
Entscheidung ihrer Kinder. Arno hingegen schüttelte nur ungläubig den Kopf. Er
ahnte, nein er wusste, dass das Ganze nicht funktionieren würde. Er war sich sehr
sicher, dass es am Ende Christa und er sein würden, die sich um alles kümmern
müssten. Um dieses zu verhindern traf er eine Entscheidung. Er buchte in der Zeit
von Mitte November bis Mitte Dezember für Christa und sich eine Kreuzfahrt.
Gerechnet hatten Malte, Sabine und Chris damit nicht.

Der Weihnachtsmarkt

Arno sollte Recht behalten haben. Er hatte seiner Ankündigung Taten folgen lassen
und war tatsächlich mit Christa auf Kreuzfahrt gegangen. Ohne die ordnende Hand
von Christa ging es auf dem Weihnachtsmarkt drunter und drüber. Es gab nicht
genügend Glühwein, die Bratwürste gingen regelmäßig viel zu früh am Tag aus und
die richtige Verkabelung der illuminierten Weihnachtsdekoration überforderte die Drei
anfangs vollkommen. Die Gäste kamen dennoch in zahlreichen Scharen. Zu gut war
der Ruf des Weihnachtsmarktes aus den vergangenen Jahren. Doch Malte! Sabine
und Chris wussten sich zu helfen. Sie riefen Oma an und klagten ihr Leid. Dabei
flunkerten sie etwas davon, dass Arno sie sträflich im Stich gelassen habe – trotz
anderer Zusicherungen. Oma war natürlich empört und bot sofort ihre Unterstützung
an. Sie selbst reiste mit Opa an und organisierte Hilfe. Auch ihren Enkel Alex brachte
sie mit einer Blitzüberweisung auf sein schmales Studentenkonto dazu, dass er
vorzeitig in die Ferien ging und sich mit seinem Sachverstand um die Beleuchtung
kümmerte. All das führte dazu, dass Sabine und Chris sich aus dem Geschäft am
Gast zurückziehen konnten und die großspurigen Geschäftsführer gaben. Nur Malte
hielt an seinem Glühweinstand tapfer die Stellung, auch wegen der vielen weiblichen
Gruppen, die ausgelassen ihre Weihnachtsfeiern abhielten.

Zu Hause

Mitte Dezember kamen Arno und Christa wieder nach Hause. Zunächst waren sie
verblüfft über den großen Erfolg des Weihnachtsmarktes. Doch schnell merkten sie,
dass Oma ihre Hände im Spiel hatte. "War ja auch nicht anders zu erwarten.",
murmelte Arno. Am 22. Dezember kam auch Anna, auf eine Stipvisite, wie sie sagte
nach Hause. Zum Erstaunen ihrer Eltern brachte sie ihre neueste Eroberung gleich mit. Christa war von dem gutaussehenden Oliver ganz verzückt. Voller Stolz trug er
seine Chefpilotenuniform und sah wirklich schneidig aus. Arno war von ihm
überhaupt nicht begeistert. Irgendetwas missfiel ihm an Oliver sofort. Und nach zwei
Tagen wusste er auch was. Es war der helle Streifen an dem rechten Ringfinger.
Ganz offensichtlich hatte er dort ansonsten einen Ring getragen. Wenn dieser nun
fehlte, konnte das nur eines bedeuten: er verheimlichte seinen Ehering.
Selbstverständlich sprach er Anna auf seinen Verdacht an. Doch sie wiegelte ab.
Arno glaubte den beiden nicht, doch machen konnte er auch nichts. An dem Abend
vor dem Heiligen Abend passierte dann etwas, was im Nachhinein doch dazu führte,
dass das Weihnachtsfest nicht so verlaufen würde, wie es geplant war.

Am Glühweinstand

Die ganze Familie hatte sich am Glühweinstand versammelt. Malte schenkte aus und
alle griffen reichlich zu. Nach der achten Runde war Arno mutig genug. Er wandte
sich Anna und Oliver zu. "Du verheimlichst uns doch etwas.", nuschelte er. "Du bist
doch verheiratet und machst uns hier doch nur etwas vor." Alle starrten ihn an.
Eigentlich war Arno dafür bekannt, alles klaglos hinzunehmen und eigentlich war er
dafür bekannt, alles über sich ergehen zu lassen. Doch dieses Mal wurde es ihm zu
bunt. Er mochte es nicht, wenn jemand unehrlich war. Anna entgleisten die
Gesichtszüge. Sie war doch so happy mit ihrem Olli. Zwar hatte sie auch Zweifel,
aber er hatte sie nach Aspen eingeladen und der Flug sollte in zehn Stunden starten.
Das reichte ihr. Weihnachten in Aspen! Da war es ihr doch egal, ob er vielleicht
verheiratet war. Außerdem, da war sie sich sicher, mit irgendeiner Ehefrau würde sie
es schon aufnehmen. Und wenn nicht, dann war es ihr auch egal. Aspen! Das war für
sie jetzt wichtig. Auf Grund der Zeitverschiebung würden sie rechtzeitig zum Abend in
Aspen ankommen sein. Da Sie geplant hatten, die Nacht noch in dem Flughafenhotel
zu verbringen, brachen sie auf. Doch Arno beruhigte sich nicht. Manieren beibringen
sollte man dem Knilch, schimpfte er. Und das er ihm mal so richtig die Meinung
geigen würde. Auf Grund des Glühweingenusses fielen noch wesentlich schlimmere
Beschimpfungen und Verwünschungen. Irgendwann jedoch hatte er genug und der
Abend wurde mit noch mehr Glühwein fortgesetzt. An den Kater am nächsten
Morgen wollte er nicht denken.

Die Polizei

Am nächsten Morgen, dem Heiligen Abend, wurde Arno unsanft gegen zehn Uhr von
Christa geweckt. "Die Polizei ist da. Die wollen mit Dir sprechen. Irgendetwas wegen
Anna und Oliver." Arno war verwirrt und sein Schädel brummte wie ein
Dieselgenerator. "Herr Staude", eröffnete ihm der nicht wirklich freundliche
Wachtmeister, "sie müssen mitkommen auf das Präsidium. Sie stehen in dem
Verdacht etwas mit dem Verschwinden eines Olivers zu tun zu haben." Arno
verstand kein Wort. Vollkommen verwirrt zog er sich etwas an, nahm noch schnell
zwei Kopfschmerztabletten und stieg in den Streifenwagen. Christa, Malte und Alex
folgten diesem mit ihrem Auto. Im Präsidium wurde Arno erklärt, dass Oliver spurlos
verschwunden war. Anna hatte ihn am Morgen als Verschwunden gemeldet. Sie war
aufgewacht und er war nicht mehr im Hotelzimmer. Daraufhin hatte sie sich zum
Terminal begeben, doch auch dort war er nicht. Vollkommen verwirrt startete das
Flugzeug ohne die beiden. Denn auf der Passagierliste stand er auch nicht, das hatte
sie in Erfahrung gebracht. In ihrer Verzweiflung, sie wusste allerdings nicht so genau,
ob sie wegen seines Verschwindens oder wegen des ausfallenden Urlaubes in Aspen so enttäuscht war, hatte sie Oma angerufen. Oma ging mit Anna zurück in das
Hotelzimmer und fand im Türbereich Blutspuren. Zudem fand sie die Zweitkreditkarte
von Arno. Oma kombinierte messerscharf – zumindest dachte sie das. Sofort
verdächtigte sie ihren Schwiegersohn. Sie schleppte Anna zur Polizei und äußerte
dort ihren Verdacht. Und so kam es, wie es kommen musste.

Hilfe naht

Christa war am Boden zerstört. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Arno sollte ein
Verbrecher sein. Unmöglich. Und überhaupt, was sollte das denn für ein
Weihnachtsfest werden. Alle waren ratlos. Zwischenzeitlich wurde Arno eröffnet,
dass er über die Weihnachtsfeiertage in Gewahrsam bleiben musste. Da hatte Malte
plötzlich einen Geistesblitz. Er hatte mal gesehen, dass Gänse und Hunde eingesetzt
werden, um vermisste Personen zu finden. Vielleicht konnten ja Staude, die
Hausgans und Stromer, der Hund der Familie helfen. Opa, der nun ebenfalls
eingetroffen war, Alex und er fuhren nach Hause und luden die Beiden ein. Zügig
führen sie zu dem Hotel und ließen die Beiden die Spur aufnehmen. Tatsächlich
verstanden die beiden Tiere sofort was sie machen sollten und nahmen die Witterung
auf. Staude watschelte den Hotelflur entlang und Stromer winselte aufgeregt, als er
ihm folgte. Acht Zimmer weiter bleiben sie vor der Tür stehen und Stromer kratzte an
der Tür und Staude pochte mit seinem Schnabel gegen die Tür. Nach kurzer Zeit
öffnete Oliver die Tür und neben ihm stand seine Ehefrau. Malte schaut ihn verblüfft
an. Nach kurzer Zeit konnte alles geklärt werden. Olivers Frau war ihm auf die
Schliche gekommen. Sie hatte ausfindig gemacht, wo er sich befand und hatte ihn
zur Rede gestellt, als Anna bereits geschlafen hatte. Sie war so wütend, dass sie ihm
eine schallende Ohrfeige gegeben hatte. Dabei war das Ohrläppchen eingerissen
und so kam es zu dem Blut vor der Tür. Doch nach einem heftigen Disput und
wahrscheinlich auch in Anbetracht des Festes der Liebe, überkam beide dieselbe.

Die fröhliche Runde

Oliver fuhr mit Malte, Alex und Opa und natürlich mit Staude und Stromer in das
Präsidium. Der Wachtmeister war zunächst vollkommen überfordert und verstand
zunächst nichts. Doch da es nun kein Opfer mehr gab, musste er Arno gehen lassen.
Auch ließ sich aufklären, wie die Zweitkreditkarte von Arno an den Tatort gelang war.
Arno war zwar sauer auf Anna wegen ihres Liebhabers gewesen, aber er ahnte
schon, dass es nicht gut gehen würde. Daher hatte er ihr die Karte heimlich
zugesteckt, damit sie zumindest nicht mittellos in Aspen gewesen wäre, wenn denn
etwas passiert wäre. Die Karte hatte Anna dann beim Betreten des Hotelzimmers
verloren.
Nun war bereits der Abend abgebrochen. Christa hatte schnell die Spaghetti und
Soße aus einem der Verstecke geholt und das Festtagsmenü zubereitet. Alle saßen
nun an der Festtafel vor dem geschmückten Weihnachtsbaum und machten sich
über die Spaghetti her. "Also wirklich", sagte Arno, „was auch immer wir planen, ein
normales Fest werden wir wohl nie erleben!" Und alle stimmten lachend zu.

Fröhliche Weihnachten!!!!