Weihnachtsgeschichte 2017 – Die verlorene Gans
Inhalt
Eine ganz normale Familie
Die Familie Staude war mittlerweile in der ganzen Stadt und der näheren Umgebung dafür bekannt, dass das Weihnachtsfest und alles was damit zusammenhing nie – wirklich nie – so ablief, wie es eigentlich sein sollte. Da waren die Eltern Arno und Christa. Arno war ein gutmütiger Mann, den fast nichts aus der Fassung bringen konnte. Seine Frau Christa war ein Weihnachtsfan. Er ertrug dieses, zumal sich in der Vergangenheit gezeigt hatte, dass sie auch sehr geschäftstüchtig war. Dann war da der älteste Sohn Malte. Ein sympathischer Tunichtgut. Er studierte Jura, zumindest war er an der Uni eingeschrieben. Es gab die älteste Tochter Sabine und ihren Dauerfreund Chris. Arno hielt seine Sabine schon für faul und er wusste, dass sie vor allem wegen der fürstlichen Unterstützung seiner Schwiegermutter über die Runden kam. Von Chris hielt er gar nichts. Seine Frau Christa widersprach ihm zwar regelmäßig, im Inneren ihres Herzens wusste sie jedoch, dass er Recht hatte. Dann gab es die Tochter Anna. Eine gutaussehende Studentin, die es sehr genau verstand ihre Reize einzusetzen. Arno und Christa möchten das zwar nicht, sie hatten sich jedoch damit abgefunden. Anna jettete durch die Weltgeschichte und hatte regelmäßig neue Liebhaber. Ob sie tatsächlich mal die Uni besuchte, bezweifelte Arno sehr. Und dann war da noch Alex, das Nesthäkchen. Er war ein Nerd wie er im Buche steht. Er studierte im Osten der Republik Informatik und war so gut, dass er zum Teil den Professoren die digitalen Zusammenhänge erklärte. Auch war er sehr reich geworden. Er kaufte vor einiger Zeit Internetwährungen. Malte machte sich damals lustig über ihn und forderte ihn auf, doch gleich ihm das Geld zu geben. Nun lachte er nicht mehr. Je nach Wechselkurs war Alex Millionär und Malte war nicht mehr zum Lachen zu Mute. Aber der schnöde Mammon interessierte Alex nicht. Er war in seiner digitalen Welt und zum Teil bekam er mehrere Tage von der richtigen Welt gar nichts mehr mit. Wenn er zu Hause war, tippte er unentwegt in sein Mobiltelefon und bereits zwei Mal führte das dazu, dass Arno das Telefon ihm entriss und in den Kamin warf. Alex nahm das ungerührt zur Kenntnis. Er taperte zu seiner Jacke und holte ein Ersatzgerät raus. Auch der Versuch von Malte das Passwort zu ändern, um ihm das WLAN zu nehmen scheiterte. Nach genau 93 Sekunden hatte er das Passwort geknackt und Malte hatte Angst vor seinem Bruder. Es gab einige Geheimnisse in der digitalen Welt, die er doch lieber für sich behalten wollte.
Dann waren da noch die Haustiere. Staude, die Hausgans und Stromer, der Hund.
Die klassische Vorbereitung
Vor Jahren sollte die Gans der kulinarische Höhepunkt an dem Heiligen Abend werden. Als es jedoch soweit war, dass ihm der Hals umgedreht werden sollte, konnte das keiner. Seitdem war Staude ein festes Familienmitglied und Staudes zogen Spaghetti und Soße vor. Stromer war einige Zeit danach zu Staudes gekommen und war eine treue Seele geworden. Mutter Christa entschied, dass es in diesem Jahr zu keinen Störungen an dem Weihnachtsfest kommen sollte und plante daher im März bereits alles ganz genau. Sie kaufte mehrere Portionen Spaghetti und Soße und platzierte diese an mehreren Stellen im Haus. Auch schickte sie Arno und Malte bereits zu dieser Zeit in die Tannenbaumschonung, um einen geeigneten Weihnachtsbaum auszusuchen. Auch das war Tradition. Die Tanne wurde samt Wurzeln ausgebuddelt und im heimischen Garten wieder angepflanzt. Dort wurde sie umsorgt, damit sie am Weihnachtstag frisch geschlagen in das Wohnzimmer zum Schmücken gebracht werden konnte. Zwar standen im Garten der Staudes mittlerweile eine Vielzahl von Tannen, weil dort in der Adventszeit regelmäßig ein Weihnachtsmarkt veranstaltet wurde, die ausgewählte Tanne musste jedoch von perfektem Wuchs sein und wurde daher in der Mitte des Gartens eingepflanzt. Die Idee mit dem eigenen Weihnachtsmarkt war dem Umstand geschuldet, dass Arno es sich zur Aufgabe gemacht hatte, dass gesamte Haus und den Garten mit einem Lichtermeer zu schmücken. Die Staudes hatten es dadurch zu einer gewissen Bekanntheit geschafft und der Weihnachtsmarkt lief fantastisch. Besonders Christa gefiel das. Sie erfreute sich daran, allen anderen Menschen ebenfalls ein wenig von dem Zauber der Weihnachtszeit zu vermitteln.
In einer Tannenbaumschonung, 247 Kilometer entfernt, wurden Arno und Malte fündig. Sie fanden den perfekten Baum, ließen ihn ausbuddeln, verluden ihn und ließen ihn zu Hause fachgerecht wieder einpflanzen. „Hach“, raunte Christa, „ich glaube dieses Mal wird es ein ganz ruhiges Fest- ohne jedes Vorkommnis.“ „Es bleibt zu hoffen“, entgegnete Arno. Er hatte seine Zweifel.
Traum von Las Vegas
Im Sommer kamen Oma und Opa zu Besuch. Es waren die Eltern von Christa. Mit Opa verstand sich Arno blendend. Sie waren sich sehr ähnlich. Oft gingen die beiden zusammen mit Malte in eine gemütliche Kneipe, spielten Karten, tranken Bier und hatten viel Spaß zusammen. Oma war anders. Sie mochte ihre Tochter sehr gerne, von Arno hielt sie nicht so viel. Das hing vor allem auch damit zusammen, dass sie nicht Ansatz verstand, aus welchem Grund in der Familie eine Gans lebte. Für Oma war Staude ein saftiger Gänsebraten und nicht mehr. Wenn immer sie zu Besuch kam, trachtete sie Staude nach dem Leben. Sie gab Arno die Schuld dafür, dass Christa dieses Tier im Haushalt duldete. Dass Christa Staude genauso in ihr Herz geschlossen hatte, interessierte sie dabei nicht. Wenn immer Oma zu Besuch kam, wurden sie und ihr Gepäck äußerst gründlich kontrolliert. In den vergangenen Jahren war dabei ein stattliches Waffenlager zusammengekommen.
Oma und Opa waren sehr vermögend und daher dauerte es eine Zeit, bis Malte in den Tiefen des größten Mercedes auf sehr wertvolle japanische Dolche stieß. In den mehrfach gefalteten Stahl war eine Gans eingraviert worden. Alle Beteuerungen liefen daher ins Leere. Aus Sicherheitsgründen wurden daher für die Dauer des Besuches Plastikmesser zum Essen ausgegeben und sämtliche andere Messer und gefährliche Gegenstände wurden sicher verwahrt. Gleichwohl wusste auch Staude um die Gefahr. Er verkroch sich mit seinem Kumpel Stromer in das Gartenhaus. Das war so gesichert, dass sich die Tür nur öffnete, wenn Staude entweder gackerte oder Stromer leise winselte. Das System war sicher, davon hatte sich Arno überzeugen können, als er nachts wach wurde und beobachtete, wie Oma vor dem Gartenhaus stand und versuchte die beiden Tiere zu imitieren. Seitdem schlief er viel besser.
Oma und Opa hatten Neuigkeiten mitgebracht. „Stellt Euch vor“, sagte Oma, „wir waren vor drei Wochen in Las Vegas. Dort gibt es das ganze Jahr über einen Weihnachtsmarkt. Mit allem was man sich vorstellen kann. Pfefferkuchenhäuser, künstlichen Schnee, Holzengel aus dem Erzgebirge, sieben verschiedene Glühweine, Schmalzkuchen und Dekorationen in allen Varianten. Ich habe dem Betreiber dann Bilder von eurem Weihnachtsmarkt und eurer Beleuchtung gezeigt. Er war ganz verzückt.“ Die Beleuchtung war wirklich beeindruckend. Um alles zu lagern hatte Arno zwischenzeitlich eine Lagerhalle erworben. Die Stromversorgung erfolgte über einen eigenen Generator und der örtliche Tankstellenbetreiber hatte in der Weihnachtszeit immer einen kleinen Tankwagen auf dem Hof stehen, um bei Bedarf sofort Nachschub liefern zu können.
„Der Betreiber möchte eure Dekoration im nächsten Jahr gerne ausstellen. Er hat dazu angeboten, dass er euch und die gesamte Dekoration nebst des Weihnachtsmarktes nach Las Vegas fliegen lässt.“ Als Oma noch erzählte, wie viel er dafür bezahlen wollte, nahmen Christa und Arno das Angebot sofort an. Oma telefonierte mit dem Veranstalter in Las Vegas und in den nächsten Wochen wurde ein Vorvertrag unterschrieben.
Der schicksalhafte November
Bis zum November verlief es bei den Staudes ziemlich ruhig. Die Vorbereitungen für den Weihnachtsmarkt auf dem Grundstück der Staudes waren abgeschlossen. Alles Notwenige war eingekauft und alle bereiteten sich auch die Zeit vor. Arno überprüfte die Lichtdekoration und tauschte die defekten Lampen aus. Mutter Christa glaubte immer noch, dass in diesem Jahr alles gut gehen würde. An einem Wochenende im November jedoch schien sich das Blatt zu wenden. Christa war damit beschäftigte die Buden zu säubern, Malte überprüfte die Leerrohre in dem Garten in dem alle Leitungen verlegt werden sollten, Alex, der für das Wochenende nach Hause gekommen war, machte einige Änderungen an dem Schaltkasten, Anna probierte ihr neues, sehr eng geschnittenes Engelskostüm an, welches sie immer in der Glühweinbude trug, Staude und Stomer tollten durch den Garten und Arno schnitt mit seiner Kettensäge die Tannen im Garten zu Recht.
Dann erschienen auch Sabine und Chris. „Wir haben so tolle Nachrichten für euch!“, rief sie bereits aus weiter Entfernung. Arno, dem nichts Gutes schwante, wandte sich ab. Christa jedoch schaute die Beiden fragend an. Als die beiden etwas näher waren, rief Sabine aus: „Wir heiraten! Und dieses Mal wirklich! Hier ist das Aufgebot!“ Christa gab einen entzückten Laut von sich, Alex nahm es teilnahmslos hin, Malte fiel ein Becher Glühwein – Kostprobe wie er es nannte – aus der Hand und Arno verlor vor lauter Schreck die Kontrolle über sich. „Was? Das darf doch nicht wahr sein! Das wird doch nichts!“, rief er aus. Dabei vergaß er, dass er die Kettensäge in der Hand hielt. Die Kettensäge lief noch, er wirbelte herum. Dabei vergaß er auch, dass er ganz dicht bei der Tanne stand, die mühsam ausgesucht, ausgebuddelt, transportier und wieder eingepflanzt wurde, also die Tanne, die am Heiligen Abend festlich geschmückt in dem Wohnzimmer stehen sollten. Ein sauberer Schnitt, ein leichtes Rauschen und schon lag die Tanne in ihrer ganzen Pracht auf der Seite. Stille breitete sich aus. Christa war wie versteinert. Malte versuchte hilflos die Tanne wiederaufzurichten. Selbst Alex versuchte ihm dabei zu helfen. Arno schaltete die Säge aus und ging vorsichtige rückwärts, den Blick nicht von der versteinerten Christa abwendend. Als Stromer an der Tanne das Bein hob, schrie Christa laut auf.
Es dauerte fünf Stunden bis sie sich beruhigt hatte. An dem Sonntag fuhren Arno und Malte insgesamt 443 Kilometer. Die Ersatztanne, die sie gefunden hatten, war genauso gut gewachsen. Und dennoch wusste Arno, dass nun nichts mehr schieflaufen sollte. Zumindest durfte er nach sechs Nächten sein Nachtlager auf dem Sofa räumen und wieder in das Schlafzimmer einziehen. Die Hochzeit wurde dann doch verschoben.
Die Adventszeit
Pünktlich zum ersten Advent wurde der Weihnachtsmarkt eröffnet. Dieses erfolgte immer in den Abendstunden. Denn damit einher ging das erste Anschalten der wirklich opulenten Weihnachtsbeleuchtung rund um und über das Haus der Staudes. Es war auch in diesem Jahr so hell, dass die Stadt während der Beleuchtung die gesamte Straßenbeleuchtung ausschalte. Die örtliche Presse und Prominenz kam und die Besucher genossen die vorweihnachtliche Stimmung. Arno hatte in diesem Jahr auch eine Schneekanone besorgt und so war alles in einen weißen Schleier gehüllt.
Am zweiten Advent fielen die Temperaturen und es begann zu schneien. Es war wirklich perfekt. Auch Christa hatte sich mittlerweile mit der neuen Tanne angefreundet und so war diese der Mittelpunkt in dem Garten. Auf besonderen Wunsch der Besucher wurde dieses sogar so geschmückt, wie sie am Heiligen Abend auch in der Guten Stube stehen sollte. Noch glaubten alle, dass es auch so kommen würde. Anna lernte in der Glühweinbude einen attraktiven jungen Mann kennen. Robert, er war nur unwesentlich älter als sie und Christa und Arno waren froh darüber, dass sie sich mal für einen normalen Partner entschieden hatte. Malte war in seiner Bude zunächst sein bester Kunde und wurde daher zu den Schmalzkuchen zwangsversetzt. Obwohl er murrte, stellte sich heraus, dass dieses sein Glück war. Eine hübsche Blondine sprach ihn an und obwohl er sich äußert ungeschickt anstellte, hatte er ihr Interesse geweckt. Die beiden trafen sich regelmäßig. Sie hieß Klara. Das Problem war, dass Klara die einzige junge Dame war, der es gelungen war, Anna einen Freund auszuspannen. Daher verzichteten die beiden zunächst darauf, ihr Glück den anderen mitzuteilen. Keiner der beiden wollte den Groll von Anna abbekommen.
Der Heilige Abend naht
Am 23. Dezember ereigneten sich mehrere Dinge, die die anfängliche Hoffnung von Christa, dass es dieses Jahr ein Fest ohne Überraschungen geben würde, zunichtemachte. Es war der letzte Tag des Weihnachtsmarktes auf dem Grundstück der Staudes. Die Geschäfte waren vortrefflich gelaufen. Fast alle Vorräte waren aufgebraucht und Christa hatte vom Geldzählen schon raue Hände. Gegen 16:30 Uhr, drei Stunden vor dem Ende, geschah etwas, was Anna als nicht so schwerwiegend ansah. Um 15:18 Uhr war ein verteufelt gutaussehender Mann zu ihr an den Stand gekommen. Er erzählte ihr davon, dass er im diplomatischen Dienst arbeiten würde und bald wieder um die ganze Welt reisen würde. Anna war wie elektrisiert. Wow, dachte sie, was für ein Mann. Robert hatte sie in diesem Moment vergessen. Knutschend standen sie hinter der Bude als Robert seine Anna besuchen wollte. Er sah die beiden und war wie vor den Kopf gestoßen. Er stammelte vor sich hin und schon kamen Rachegedanken in ihm hoch. Er nahm allen Mut zusammen und baute sich vor den beiden auf. „Was soll das!“, herrschte er die beiden an. Der Diplomat schaute ihn überheblich an. „Sorry“, flötete Anna, „war schön mit Dir. Aber alles hat ein Ende.“ Robert war fix und fertig. „Aber, aber“, raunte er vor sich hin, „wir… . Also ich verstehe das nicht?! Ich dachte das mit uns ist was Ernstes. Daher habe ich Dir doch auch das Herz geschenkt.“ Robert hatte ihr vor einigen Tagen ein rotes Herz in Form einer Brosche geschenkt. Der Diplomat riss die Brosche ab und warf sie ihm vor die Füße. Wortlos nahm er sich auf. Er drehte sich um und seine Rachegefühle wogen an.
Als er weg war, entschuldigte sich Anna kurz, da sie nun wieder arbeiten musste und den letzten Kanister Glühwein aus dem Keller holen musste. Als sie wiederkam war sie verwirrt. Der gutaussehende Diplomat, man hatte sich für den Abend bereits verabredet, stand vor einem klapprigen VW Passat. Neben ihm eine durchaus attraktive Frau und drei Kinder. „Was soll das denn?“, fragte sie ihn. Der Diplomat wurde bleich und versuchte Anna wegzuziehen. Doch sie war taff. „Wer bist du denn?“ fragte sie die Begleiterin. „Ich bin seine Frau.“, erwiderte diese. Anna war verblüfft. Nicht, dass er eine Frau hatte, das passierte, aber der klapprige Passat passte nicht zu seinen Erzählungen. Das weitere Gespräch zwischen den Frauen verlief für den Diplomaten eher mittelmäßig. Seine Frau erzählte, dass sie eine erfolgreiche Anwältin sei und er es zu gar nichts geschafft habe. Am Ende waren die Damen sich einig, keine von beiden wollte ihn mehr haben. Und als er von seiner Frau erfuhr, dass er das Weihnachtsfest nun im seinem klapprigen Passat verbringen konnte, kam auch bei ihm ein Rachegefühl hoch.
Der brennende Baum
Gegen halb acht waren die letzten Besucher gegangen. Die Familie Staude schaute sich glücklich an. Nun konnte das Weihnachtfest kommen. „Ich mache jetzt die Beleuchtung des Marktes aus“, sagte Arno und ging zu dem Schaltkasten. Dort war es dunkel, aber fand den richtigen Schalter. Als nächstes hörte einen gellenden Schrei von Christa. Er lief los und sah wie seine Familie um den Weihnachtsbaum stand, der genau in der Mitte stand und am nächsten Tag das Wohnzimmer erleuchten sollte. Er stand in lodernden Flammen. Die Tannennadeln knisterten beim Verbrennen, die Glaskugeln sprangen wegen der Hitze und die sonstige Dekoration verströmte einen unangenehmen Geruch nach verbranntem Plastik. Fassungslos schauten sich alle an. Löschversuche waren zwecklos. Staudes mussten mit ansehen, wie ihr Baum bis auf die Wurzel abbrannte. Alex schaltete als erstes und lief, um größeren Schaden zu vermeiden, zu dem Schaltkasten. Er überprüfte alle anderen Anschlüsse und konnte keine weiteren Manipulationen feststellen. Allerdings fand er die Brosche mit der Herzform. Robert hatte Rache genommen.
Christa war am Boden zerstört. Ihr Baum war in Flammen aufgegangen. Die anderen begleiteten sie in das Haus und alle sprachen durcheinander. Jeder hatte nun Ideen, wie und wo ein neuer Baum zu organisieren sei. Auch Stromer kläffte, um seine Idee bekannt zu geben. Keiner achtete darauf, dass die Hausgans Staude sich noch über die Schmalzkuchenreste hermachte und dabei sich die Brosche mit der Herzform, die zuvor achtlos weggeworfen wurde, an seinen Hals befestigte.
Kurze Zeit später trafen Oma und Opa ein. Sie hatten sich angekündigt und wollten das Fest mit der Familie feiern. Gerade als Oma gründlich durchsucht wurde, fiel Malte auf, dass die Gans Staude sich überhaupt nicht zeigte. Normalerweise zog er sich zurück, wenn Oma kam, beobachtete aus sicherer Entfernung die Durchsuchungsmaßnahmen und begrüßte Opa dann überschwänglich. Aber Staude zeigte sich nicht. Die ganze Familie, mit Ausnahme von Oma, suchte nach Staude. Sie suchten im Haus, im Garten, im Schuppen, überall. Aber Staude war nicht auffindbar. Nun waren alle am Boden zerstört. Sogar Oma war nun betrübt. Sie merkte, wie es allen an die Nieren ging und tat zumindest so, als ob es ihr auch leidtun würde, dass das Federvieh nicht mehr da war. Alle gingen zu Bett und beschlossen am nächsten Tag in der ganzen Stadt zu suchen. Malte stahl sich noch aus dem Haus und besuchte Klara. Er erzählte ihr von dem traurigen Verschwinden von Staude, den Geschehnissen um seine Schwester und ihre Verehrer und ließ sich von ihr trösten.
Der Heilige Morgen
Am nächsten Morgen waren alle früh wach, soweit überhaupt jemand geschlafen hatte. Um den verbrannten Baum kümmerte sich keiner. Alle liefen in die Stadt und suchten nach Staude. Sie fragten Nachbarn, hingen Zettel auf und fuhren zum örtlichen Tierheim. Gegen zwei Uhr mittags schwand die Hoffnung. Keiner hatte ihnen helfen können. Arno hatte sogar alle Schlachter aufgesucht und nachgefragt, ob eine Kunde mit einer Gans gekommen war, um diese für das Fest vorbereiten zu lassen. Aber auch das war nicht der Fall. So hatten zwar alle noch Hoffnung, doch sie waren auch ratlos. Auch Oma hatte sehr glaubhaft beteuert, dass sie mit dem Verschwinden nichts zu tun hatte. Um sechszehn Uhr war eigentlich geplant, dass alle in die Kirche gehen, aber so richtig stand danach keinem der Sinn. Ratlos saßen alle im Wohnzimmer und jeder hing seinen Gedanken nach. Es bemerkte auch keiner, dass Oma sich davonstahl und mit dem großen Mercedes wegfuhr. Plötzlich riss das Klingeln von Maltes Telefon alle aus den Gedanken. Malte sah auf das Display, wurde etwas rot und ging aus dem Raum, als er das Telefonat annahm. „Klara, schön dich zu hören.“, säuselte er. Was sie dann sagte verschlug ihm den Atem. „Bist Du Dir ganz sicher?“, fragte er. Kurze Zeit später legte er auch und ging in das Wohnzimmer. „Ihr werdet es nicht glauben!“, seine Stimme überschlug sich. „Ich weiß wo Staude ist!“ Seine Stimme war voller Stolz. Augenblicklich schauten ihn alle an. Erwartungsvoll. Malte stand noch immer mit stolzer Brust in der Tür. „Wo?“, herrschte Arno ihn an. „Wo?“. „Ach so, ja.“, Malte erzählte von dem Anruf. Seine Freundin, wieder war Stolz in seiner Stimme, habe Staude heute Morgen auf eine Geflügelausstellung gesehen. Sie war in einem kleinen Verschlag untergebracht. Der Vater von Klara war Vorsitzender des Geflügelvereines und die Ausstellung sollte am 2. Weihnachtstag beginnen. Viele Aussteller hatten ihre Tiere aber jetzt schon gebracht und alles vorbereitet. Dabei hatte sie Staude gesehen. Die Vereinsmitglieder konnten sich auch nicht so recht erklären, wo diese Hausgans mit der Brosche in Herzform am Hals herkam. Aber der neue, ein Robert hatte gesagt, dass sei schon in Ordnung. Es sei sein Tier. Anna fauchte als sie erfuhr, wer diese Klara war. Sie beruhigte sich erst, als Arno ihr sehr deutlich machte, dass es nur ihr zu verdanken sei, dass Staude entführt wurde. Malte telefonierte mit Klara um abzuklären, wie sie an den Schlüssel für die Halle kommen konnten, in der sich Staude befand. Doch Klaras Vater war bereits zur Kirche aufgebrochen. „Das ist doch kein Problem.“, meldete sich nun Chris. Er und Sabine hatten sich bis jetzt eher zurückgehalten. „Es gibt kein Schloss, welches ich nicht aufbekomme!“, posaunte er. Arno verkniff sich Rückfragen jeder Art. Mit Opa, Malte, Chris und Hund Stromer saß er zwei Minuten später im Auto und raste zu der Halle. Vorher nahm Chris noch einen Koffer aus seinem Auto. Notfallkoffer sagte er und Arno verkniff sich erneut Rückfragen. Nach wenigen Minuten war die Tür geöffnet. Stromer rannte vorweg und schon bald darauf war ein fröhliches Gackern und Winseln zu hören.
Glücklich fuhren alle nach Hause. Gerade als sie dort ankamen, schleppten Oma, Sabine und Anna einen großen Baum aus Omas Mercedes in das Haus. Sie hatte ein wirklich schönes Exemplar gefunden. Nun wurde auch Christa wieder fröhlich. Schnell lief sie in die Küche und bereitete das Essen vor. Alle saßen um den Tisch und aus den Schüsseln dampften die Spaghetti und die Soßen. Der Baum stand im Wohnzimmer und als einzigen Schmuck hing an ihm die Brosche in Herzform. „Egal was wir uns auch vornehmen, irgendwas ist bei uns aber auch immer.“, sagte Arno lachend und alle stimmten mit ein
Fröhliche Weihnachten!!!!