Weihnachtsgeschichte 2002: Nicht schon wieder Weihnachten
Weihnachten – Tradition – Essen. Das gehört alles zu einem richtigen Weihnachtsfest. Zumindest für viele, aber nicht für Gustav. Er hat das alles satt. Zu sehr bedrücken ihn die Erinnerungen an die Vergangenheit, als er sich von seinem Cousin wieder und wieder das Fest vermiesen ließ. Doch dann war eine Zeit lang alles anders: Weihnachten ohne Gustav- eine schöne Zeit. Doch diese Jahr ist alles anders. Gustav besinnt sich und feiert – natürlich auch, weil er seinem Cousin endlich alles Heim zahlen kann. Der Leser erlebt gemeinsam mit Gustav, wie unterschiedlich man das Weihnachtsfest feiern kann, aber lesen Sie selbst…
Inhalt
1. Kapitel Schlechte Erinnerungen an Weihnachten
Gustav hasste Weihnachten. Vor 22 Jahren, genau am heiligen Abend, kam sein Sohn zur Welt. Das alleine war zwar nicht so schlimm, damals hatte er sich ja auch mit seiner Frau über die Niederkunft ihres ersten Kindes gefreut, aber wieso an diesem Tag! Gustav war damals 26 Jahre alt und seit 12 Jahren hatte er kein Weihnachten mehr gefeiert.
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Und wie es der Zufall so wollte, oder war das ein vom oben gesteuertes Schicksal, kam auf den Tag genau ein Jahr später seine Tochter zur Welt! Nun also mußte er wieder Weihnachten feiern, wobei er sich auf das Nötigste beschränkte. Daß er Weihnachten haßte, lag an seiner Kindheit, er erinnerte sich mit Grauen an dieses Fest. Aufgewachsen war er im tiefsten Bayerischen Wald und wurde streng erzogen von seinen katholischen Eltern. An den drei Weihnachtstagen mußte er mit seinen Eltern sage und schreibe acht mal zur Kirche gehen. Allein am heiligen Abend waren es vier Kirchenbesuche, um 16 Uhr zum Krippenspiel, um 18 Uhr zum ersten richtigenGottesdienstin seiner Gemeinde. Kaum war gegen 17 Uhr das Krippenspiel zu Ende, jagte die ganze Familie in die Nachbargemeinde, um dem dortigen Gottesdienst beizuwohnen. Gustavs Mutter sagte immer, der Tag ist so wichtig für uns, den können wir gar nicht genug feiern. Deshalb besuchte die Familie am heiligen Abend noch die Gottesdienste um zwanzig und um dreiundzwanzig Uhr. Trotzdem, oder gerade deshalb, haßte Gustav dieses Fest! So auch das Weihnachtsfest, als er dreizehn Jahre alt war.
2. Kapitel Geschenke, Festessen und Cousin Heinrich
Als die Familie endlich gegen viertel nach sieben nach Hause kam, hatten sie eine halbe Stunde Zeit, schließlich musste man sich beeilen, um zu dem nächsten Gottesdienst in die Nachbargemeinde zu eilen.
Gustavs Eltern ließen wirklich keine Messe aus. Also mußte man um zwanzig Uhr wieder in Kleinwalden sein. „Der Pfarrer dort warte schließlich nicht auf uns“, sagte seine Mutter wie jedes Jahr auch diesesmal.Doch diese Zeit war nicht nur für die Bescherung – oh nein – die ganze Familie traf sich bei Schmidts, um in einer äußerst hektischen halben Stunde, die leckeren Weihnachtsköstlichkeiten, wie knusprige Gans, gebratenen Karpfen, leckeres Gebäck und die sonstigen Dinge zu verspeisen. Natürlich durfte Gustav dann nicht aufstehen, um mit seinen Geschenken zu spielen, im bayerischen Wald war die Erziehung streng und Gustav saß brav auf seinem Platz und träumte davon, daß wenigstens der Baum zu brennen beginne oder Tante Rosa nach dem vierten Likörchen vom Stuhl fiel, aber nichts geschah.
Die Familie, immerhin 25 Personen, saß um die Tafel und speiste. Alle aßen sehr schnell, denn den Gottesdienst um 18 Uhr wollte niemand verpassen. „Der Pfarrer gibt sich immer solche Mühe“, murmelte Onkel Fritz, wobei im ein knuspriges Stück Haut der leckeren Gans aus dem Mund hing. Gustav war jetzt kurz vor einem Tränenausbruch. Zum einen sah er bei einem der Geschenke unter dem Weihnachtsbaum die Konturen der elektrischen Eisenbahn, die er sich so sehr gewünscht hatte, zum anderen durfte er immer nur ein Stück von der Gänsebrust haben. Und wenn an diesem Stück noch ein Fitzel der knusprigen Haut hing, so mußte er dieses seinem Cousin Heinrich, der immer neben ihm saß und trotz demselben Alter einen Kopf größer und dreißig Pfund schwerer war als Gustav, geben.
Einmal hatte sich Gustav gegen diese Erpressung gewehrt und hatte daraufhin die Gabel von Heinrich in seinem Oberschenkel wiedergefunden. Natürlich glaubte man ihm nicht und die Strafe der Mutter war grausam, Gustavs Geschenke wurden unter dem Weihnachtsbaum weggenommen und er bekam sie erst Sylvester. Seitdem hatte er sich nicht mehr gegen Heinrich gewehrt. Gustav kaute also auf dem Stück Gans herum, stocherte gelangweilt in dem Rotkohl und freute sich darauf, daß er von Opa Alfons wenigstens die Hälfte von dessem Kloß bekam. Der Kloß, der eigentlich Gustav zustand, war bereits in dem gierigen Schlund von Cousin Heinrich verschwunden. Opa Alfons war es auch, der immer Mitleid mit Gustav hatte. Er erlaubte ihm, wie immer zwei Minuten vor dem Aufbruch zur Kirche aufzustehen, um ihm seine Zigarren zuholen. Als Gustav auf dem Weg zu Opas Mantel an dem Weihnachtsbaum vorbeikam, meinte Opa „Eigentlich muß ich mir jetzt auch keine mehr anstecken, schau doch mal nach, was der Weihnachtsmann für dich hier gelassen hat.“ Das war für Gustav das Zeichen, sich in größter Eile auf alle Geschenke zu stürzen, die für ihn bestimmt waren. So hatte er ungefähr zwei Minuten zeit, seine Geschenke zu öffnen. Dann stülpte ihm Mutter seinen Festtagsmantel über und schleifte ihn hinter sich her in Richtung Kirche. Cousin Heinrich durfte natürlich zu Hause bleiben. Er hatte vor drei Jahren, auf Grund des üppigen Mahles, ein tüchtiges Bäuerchen in der Kirche nicht unterdrücken können. Seitdem dufte ermit Großtante Martha, die nicht mehr so gut zu Fuß war und deshalb nicht mehr zur Kirche eilen konnte, zu Hause bleiben und mit den Geschenken spielen. Da Tante Martha auch extrem kurzsichtig war, spielte Heinrich auch mit Gustavs Geschenken. Da er sehr tölpelhaft war, kam es vor, daß Gustav oft kaputte Geschenke vorfand, an dessen Zerstörung natürlich er schuld war.
3. Kapitel Die Jagd auf das Festessen
Trotzdem freute er sich auf die wenigen Stunden, die ihm am heiligen Abend verblieben, um mit seinen Geschenken zu spielen. Natürlich wurde sich, nachdem die Verwandtschaft gegen zehn Uhr da Haus verlassen hatte, gerüstet, um in die entfernteste Nachbargemeinde zu fahren, um dort dem Mitternachtsgottesdienst beizuwohnen. Eine Strecke, die Vater mit dem Auto in zehn Minuten schaffte, aber Vater genoß immer reichlich Glühwein mit seinen drei Brüdern, sodaß er dann schnarchend unter dem Baum lag. Mutter konnte nicht fahren, also machte sie sich mit Gustav und seinen zwei Geschwistern zu Fuß auf den Weg – eine dreiviertel Stunde durch zumeist heftiges Schneegestöber. Wenn sie nun zu Hause waren, fiel Gustav ins Bett und schliefam ersten Weihnachtstag solange, bis ihn Mutter weckte, damit er sich anzog. Dann ging es zu Onkel Heinz und Tante Elfi, den Eltern von Heinrich.
Die ganze Familie traf sich nun hier und man aß am reichlich gedeckten Tisch. Diesmal gab es die leckersten Wildspeisen, die man sich vorstellen konnte. Gustavs Vater und seine Brüder waren passionierte Jäger und verbrachten die Adventssonntage damit, für den gedeckten Tisch zu sorgen. Das Tischgespräch drehte sich ausschließlich um die Gottesdienste vom Vortag und die tollen Jagderfolge. Da Heinrich wie immer mit durfte und dieses Jahr sogar ein Wildschwein selbst geschossen hatte, waren alle für ihn des Lobes voll. Gustav durfte auch immer mit. Seine Aufgabe war es jedoch, hinter dem geschossenen Wild hinterherzulaufen, wenn es nicht gleich zur Strecke gebracht wurde. Das war häufig der Fall, den die drei Brüder sprachen ordentlich dem Selbstgebrannten aus dem Flachmann zu, sodaß ihre Zielfähigkeit schon nach kurzer Zeit erheblich eingeschränkt war. Dieses Jahr entwischte Gustav ein angeschossenes Wildschwein, dass sein Onkel angeschossen hatte. Das Schwein schaffte es noch sich bis zu einer für die damaligen Verhältnisse viel befahrende Straße zu schleppen, dort wurde es von einem hiesigen Bauern angefahren. Dieser übersah den protestierenden Gustav, hievte das tote Tier auf seine Ladefläche und freute sich über den unverhofften Festtagsschmaus.
Unverrichteter Dinge schlurfte Gustav zu seinen Vater und Onkels zurück. Diese saßen an einem Lagerfeuer und feierten mit einem kräftigen Schluck aus dem Flachmann den Jagderfolg von Heinrich. Sogar dieser durfte an der Flasche nippen. Für Gustav gab es nur Schelte und Schläge.
4. Kapitel Wildschweinbraten
Gustav bekam nun auch am gedeckten Tisch von allen Seiten Vorhaltungen. „Man gut, daß dein Cousin nicht so dusselig ist, ohne ihn hätten wir heut nur Rehbraten.“, schmatzte Tante Elfi mit offenem Mund, wobei ihr ein großes Stück Braten wieder auf den Teller fiel. Heinrich, der Held des Tages, sah es als selbstverständlich an, Gustavs Wildschweinstück gleich auf seinen Teller zu legen. Als er sich hiergegen wehren wollte und das Stück einfach auf seinen Teller zurücknahm, fing Heinrich an zu schluchzen „ Der nimmt mir mein Stück weg! Dabei hab ich es doch geschossen!“ „Du bist unmöglich!“, waren die Worte, die Gustav von seiner Mutter vernahm, bevor ihn eine tüchtige Ohrfeige vom Stuhl haute. Gustav ließ alles über sich ergehen. Im war es mittlerweile egal. Er saß zwar körperlich am Tisch und träumte er von dem ersten Tag nach demFest, an dem er endlich mit seiner Eisenbahn spielen konnte, wenn Heinrich nicht allzu große Schäden angerichtet hatte.
Am zweiten Weihnachtstag wiederholten sich die Ereignisse in ähnlicher Art. Diesmal war man bei Oma und Opa. Für Gustav war dieser Tag noch am erträglichsten, da Opa Alfons Gustav mochte und ihn solange mit Köstlichkeiten der noch festlicher gedeckten Tafelunter dem Tisch versorgte, bis es seiner Tochter auffiel und diese ihn und Gustav zurecht wies. Endlich war diese scheußliche Fest vorbei!
5. Kapitel Ein Gespräch mit Opa
Im Sommer hatte Gustav, nunmehr vierzehnjährig ein ernstes Gespräch mit seinem Opa. Dieser verriet ihm, daß er als Bub das gleiche Problem wie hatte. Er fand damals drei Leidensgenossen und man verbrachte das Weihnachtsfest einfach zusammen. In einer alten Scheune machten sie es sich bequem. „Ein paar Fläschen Wein, mitgebrachte Kekse und viele Kerzen.“, erzählte Opa seinem Enkel schmunzelnd, das waren noch Weihnachten. Die Schläge, die er dann von seinen Eltern bekam, erwähnte Opa zwar, er meinte jedoch, daß diese es durchaus wert waren.
Gustav sprach ein paar Freunde an und hatte tatsächlich Glück. Er fand drei Kameraden, denen es fast genau so ging wie ihm. Also suchte man nach einem Unterschlupf für die schrecklichen Tage und in der Tat die alte Scheune, von der Opa sprach stand noch. Also feierten die vier Freunde in den nächsten vier Jahren dort Weihnachten. Es gab zwar nun keine Geschenke mehr und reichlich Prügel wenn man wieder nach Hause kam, aber endlich hatten sie ein Weihnachtsfest ganz nach ihrem Geschmack. Wein, Kekse und Kerzen.
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6. Kapitel Endlich erwachsen
Mit achtzehn Jahren nun konnte Gustav nun endlich machen was er wollte. Prügel hatte er nicht mehr zu befürchten. Also traf man sich in einer Kneipe und feierte dort das Weihnachtfest.
Der Zufall wollte es, daß das Wirtshaus dem Vater einem seiner Leidensgenossen gehörte und so konnte man sich auch dann in der wohligen Wirtsstube aufhalten, wenn der Wirt in seine Wohnung ging, um dort das besinnliche Fest zu feiern. So feierten die Vier sechs Jahre lang das Weihnachtsfest. Denn natürlich traf man sich nicht nur am heiligen Abend, sondern auch an beiden zwei folgenden Tagen in dem, für sie glücklicherweise, nur mäßig geschmückten Wirtsraum. Die vier sprachen über Gott und die Welt und amüsierten sich über die vorbeiziehenden Scharen von Menschen, die sich auf dem Weg zu den verschieden Weihnachtsessen befanden.
Dabei sahen sie Mütter die ihre widerspenstigen Kinder an den Ohren hinter sich herzogen. Erwachsene Söhne, die ihre gebrechliche Eltern auf dem Weg zum Festmahl stützten mußten und sich dabei immer wieder fragten, warum Mutter denn unbedingt mit zu Fuß gehen mußte, obwohl es mit dem Auto doch viel bequemer gewesen wäre.
Die vier schauten aus den gemütlichen Butzenfenster erfreuten sich an diesem Anblick und prosteten sich immer wieder mit dem Spruch „Ho, Ho, Ho, Weihnachten ohne uns!“, zu.
7. Kapitel Erwachsen, aber nicht frei
Doch dann geschah es, die Frauen der Vier bekamen alle im gleichen Jahr Kinder und natürlich mussten sie nun zumindest ein wenig Zeit zu Hause verbringen. So bereiteten sie widerwillig den Weihnachtsbaum her, legten die Geschenke unter den selben, und warteten auf die aus der Kirche kommende Familie. Doch sobald das Mahl verspeist war, traf man sich wieder in dem Gasthaus und sie feierten Ihr Weihnachtsfest. Auch die zwei verbleibenden Feiertage verbrachten sie dann rastlos zu Hause, um sich dann abends dem Trubel zu entziehen. Für Gustav war Weihnachten nun besonders schlimm. Seine beiden Kinder hatten an diesem Tag Geburtstag und er war immer der Meinung, daß seine Frau absichtlich diesen Tag ausgewählt hatte. Denn er mußte immer warten, bis beide eingeschlafen waren, bis er sich endlich zu seinen Freunden begeben durfte. Dieses waren die Wünsche seiner Kinder und natürlich wollte er sich dagegen nicht wehren.
Als dann jedoch seine Tochter vierzehn Jahre alt geworden war, hatte er ein ernsthaftes Gespräch mit seinen Kindern und sie konnten verstehen, daß er von da an, am Weihnachtsfest nicht mehr zu Hause blicken ließ.
So ging es also wieder sieben Jahre. Treffen im Wirtshaus, Wein, Kekse und Kerzen.
8. Kapitel Geschlossen!
Doch dieses Jahr war alles anderes. Als er gegen vier Uhr nachmittags vor dem Gasthaus ankam, daß sein Freund mittlerweile von seinem Vater übernommen hatte, hing ein Schild an der Tür „ Tut, mir Leid, kann heut nicht aufmachen, meine Frau hat genug von unseren Eskapaden – Ihr oder ich?, hat sie gefragt – die Entscheidung ist mir zwar schwierig gefallen – aber sie meinte es ernst !!!
Also machte sich Gustav auf den Weg zu den anderen beiden und mußte hier feststellen, daß sich die Frauen offensichtlich abgesprochen hatten. Der eine hatte ein Veilchen, angeblich sei der Baum beim Aufstellen auf ihn gefallen, doch Gustav glaubte ihm kein Wort! Der andere hatte einen wollenden Schal um den Hals gebunden und erzählte von einer bösen Grippe, auch hier glaubte Gustav kein Wort. Allerdings machte er sich jetzt schon ein paar Gedanken – warum standen heute morgen bloß die Koffer vor seinem Schrank? „Na ja, vielleicht will sie ja mit mir wegfahren“, mit diesen Gedanken wischte Gustav nun doch erhebliche Zweifel beiseite.
Doch auf dem Weg durch die Gemeinde, auf der Suche nach einem offenen Wirtshaus wurden die Zweifel bei ihm doch größer. Trotzdem suchte er alle Wirtsstuben auf aber keines hatte auf.
9. Kapitel Heilig Abend zu Hause?
„ Also was solls! Auf nach Hause!“, dachte sich Gustav und machte sich auf den Weg zu dem von seiner Frau festlich geschmückten Haus. Es war kurz vor sieben und eigentlich müßte die ganze Familie bald nach Hause kommen, um sich dort an die festliche Tafel zu setzen, um gemeinsam das heilige Fest zu feiern. „Na so schlimm wird es schon nicht werden“, mit diesen Worten holte Gustav ein zusätzliches Geschirr aus dem Schrank und stellte einen Stuhl für sich an die Tafel. Leider wußte er nicht genau, wer wohl neben ihm sitzen würde, den die Familie war eigen und jeder hatte seinen festen Platz. Gustav wußte, daßalle, die früher bei seinen Eltern waren, sich nun bei ihm im Haus trafen, um dort gemeinsam zu speisen. Schließlich war er der älteste der drei Kinder und die Familientradition wollte es so, daß man sich bei dem Ältesten traf, gleich ob dieser dabei war oder nicht.
Gustav saß also an dem Tisch als die Familie eintraf.
Alle wunderten sich über den seltsamen Gast, nur seine Frau war nicht überrascht, sie kam zu ihm und flüstere „ Ich wußte doch, daß du diese Sprache verstehst.“ Gustav nickte demütig, daß er zuerst alle Wirtshäuser aufgesucht hatte und nur hier war, weil keines aufhatte, behielt er für sich. Die Frauen holten die vorbereiteten Köstlichkeiten aus der Küche und die Männer kümmerten sich um die Getränke. Als sich nun alle an die Tafel begaben mußte Gustav erleben, wie sich sein Cousin Heinrich neben ihn setzte. Da sich in der Familie streng an die Tradition gehalten wurde, waren die leckeren Speisen, so wie früher, genau aufgeteilt. So gab es für jeden genau ein Stück von der Gans, von dem Karpfen und den anderen Köstlichkeiten.
Doch bei allen war die Freude, daß Gustav endlich wieder mit an der Tafel saß so groß, daß alle gerne auf ein wenig verzichteten, so daß auch Gustav von den Leckereien etwas bekam.
Einzig Heinrich protestierte heftig
10. Kapitel Gustav, Heinrich und der Knödel
„Nur weil der Knabe heute mal hier ist, reißt ihr euch alle ein Bein aus. Soll er doch von den Salzkartoffeln nehmen.“ Doch sein Protest wurde nicht erhört. Zu groß war die Freude, daß Gustav wieder mit ihnen am Tisch saß. Lediglich die selbstgemachten Klöße sollten nicht reichen. Die Tradition wollte es, daß es für jeden nur einen Kloß gab. Da keiner mit Gustav gerechnet hatte, war für ihn kein Kloß vorgesehen. So mußte er mit ansehen, wie Heinrich sich den letzten Kloß genüßlich aus der Schale nahm. Das wollte sich Gustav aber nun nicht bieten lassen. Er nahm den Kloß von Heinrichs Teller. Als dieser protestieren wollte, hielt Gustav drohend die Gabel in die Luft. „Mein Haus, mein Kloß, mein Weihnachten!“, raunte er Heinrich zu.
Dieser nahm daraufhin wohl oder übel von den ungeliebten Salzkartoffeln. Gustav aber genoß das Fest im Kreise seiner Familie. Er labte sich an den Köstlichkeiten, unterhielt sich prächtig und genoß den wunderschön geschmückten Baum. Als die Familie sich dann gegen elf Uhr rüstete, um in die Kirche zu gehen, der Gottesdienst um acht fand schon seit einigen Jahren ohne die Familie Schmidt statt, winkte Gustav jedoch ab: „ Wir wollen es ja nicht gleich übertreiben.“, sagte er.
Allerdings hatte er sich vorher vergewissert daß seine Frau bereits die Koffer wieder auf den Speicher verbracht hatte.
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